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Tag 23 - Parque Nacional Pan de Azúcar und nach Bahia Inglesa
Der Morgen beginnt erneut grau. Aus den hochnebelartigen, ziemlich dunklen Wolken fällt ein feiner Nieselregen. Zudem ist es kühl und leicht windig - kein wirklich angenehmes Wetter, um im Freien zu Frühstücken. Umso schneller brechen wir auf. Leider müssen wir so langsam daran denken, wieder rechtzeitig zurück nach Santiago zu kommen, und so bleibt uns nur ein halber Tag, um den Nationalpark zu erkunden. Wir entscheiden uns für eine Wanderung nach Las Lomitas hinauf. Um zum Ausgangspunkt der Wanderung zu gelangen, müssen wir ein paar Kilometer mit dem Auto ins Landesinnere zurück. Nach ein paar Minuten reißt hier die Wolkendecke auf und wir fahren durch schönsten Sonnenschein. Schließlich erreichen wir den Ausgangspunkt, stellen dort das Auto ab und laufen los.
Der Wanderweg liegt dabei so, dass man aus dem Landesinneren heraus in Richtung Küste läuft - und damit aus einem sehr trockenen Gebiet in die Nebelzone hinein. Entsprechend karg ist anfangs die Vegetation. Im Hintergrund lässt sich aber bereits die Nebelsuppe erahnen, die auch hier wieder vom Meer her gegen das Küstengebirge zieht (in dessen oberen Bereichen wir uns hier befinden):
Je näher man dann der Nebelzone kommt, desto reichhaltiger und vielfältiger wird die Vegetation. Die ersten Vorboten sind einige Eulychnia iquiquensis ...
... und schließlich geht es hinein in den Nebel: Geisterhafte Gestalten säumen den Weg. Viele der Eulychnien sind hier so dicht mit Flechten bewachsen, dass sie von diesen regelrecht überwuchert und erdrückt werden - wenn sie nicht vorher verfaulen, da die Flechten äußerst effektiv den Nebel aus der Luft "kämmen", anscheinend zu effektiv für manche der Eulychnien.
Zwischen die Eulychnien mischt sich ein anderer, typischer Bewohner der Nebelzone: Echinopsis deserticola. Die Pflanzen bilden hier flache Gruppen, manchmal mit mehreren Metern im Durchmesser. Die Triebspitzen stehen dabei meist aufrecht. Auch sie kämpfen hier mit dem dichten Flechtenbewuchs - wobei wir allerdings den Eindruck haben, dass sie damit besser zurecht kommen, da wir keine Pflanzen finden, die am "weggammeln" sind. Zufällig stolpern wir gar über eine Blüte, die aber leider nicht ganz geöffnet ist:
Die nächste Art finden wir zunächst in Form eines Hinweisschildes. Tatsächlich säumen immer wieder Schilder den Wegesrand, die erstaunlich gut in Spanisch und Englisch über die Ökologie und über einzelne Pflanzenarten informieren. Durch jenes Schild angeregt, halten wir die Augen offen und finden tatsächlich ein paar Meter weiter die beschriebenen Pflanzen. Es handelt sich hierbei um Cylindropuntia tunicata, ein Kuriosum innerhalb der Gattung Cylindropuntia, da diese ja eigentlich auf den nordamerikanischen Kontinent beschränkt ist. Man vermutet allerdings, dass die Vorkommen von Cylindropuntia tunicata in Südamerika nicht natürlichen Ursprungs sind, sondern dass sie durch Vieh oder Menschen einst hierher verschleppt wurden (Anderson, 2005). Auf den ersten Blick sehen die Polster dieser Pflanzen halb tot aus, aber bei genauerer Betrachtung sieht man, dass im Alter lediglich die Bedornung der Triebe schwarz und die Epidermis der Pflanzen dunkelbraun wird. Die Triebe selbst sind nicht abgestorben:
Auch Euphorbia lactiflua fühlt sich hier oben heimisch. Dank der vielen Feuchtigkeit ist sie hier hübsch grün (bei Paposo war sie kahl):
Ziemlich unvermittelt treffen wir im Nebel auf ein kleines Häuschen, die Cabana Las Lomitas. Nur ein paar Schritte trennen uns noch von der Stelle, wo die Berge steil zum Meer hin abfallen. Ein letztes, kurzes Wegstück führt hier zu einer kleinen (sich bei unserem Besuch noch im Bau befindlichen) Aussichtsplattform. Auf dem Weg dorthin erregt ein weiteres Schild unsere Aufmerksamkeit: offenbar soll hier Copiapoa humilis vorkommen. Leider finden wir, trotz intensiver Suche, keine einzige Pflanze. Entweder stecken sie noch im Boden (darauf hatte uns tags zuvor schon der Ranger vorbereitet, bei dem wir den Eintritt bezahlt haben), oder das Schild hat zu viel Aufmerksamkeit bei den falschen Leuten erzeugt und die Pflanzen wurden alle ausgebuddelt. Wir hoffen auf Ersteres und begnügen uns damit, Deuterocohnia brevispicata zu photographieren, ebenfalls eine typische Vertreterin der Nebelzone:
Viele Grüße!
Chris