Gattungshybriden bei Kakteen

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Charles Dawkins
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Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von Charles Dawkins »

Ich möchte hiermit einen Thread eröffnen, der sich mit Fragestellungen bezüglich Kreuzungen zwischen verschiedenen Kakteengattungen befasst.

Kakteengewächse sind, ähnlich wie z.B. auch Orchideen, eine verhältnismäßig junge Pflanzenfamilie die evolutionsbiologisch betrachtet noch in der Entwicklung sind. Die Speziation (Artbildung) ist bei den Kakteen in vollem Gange, und die Molekularbiologen haben u.A. aufgrund der nahen Verwandschaftsverhältnisse ihre liebe Not sinnvolle Stammbäume zu erstellen.

Wenn Kreuzungsbarrieren wegfallen (Räumliche Trennung, Spezialisierung auf einen Bestäuber, Jahres- und Tageszeitliche Unterschiede in der Blütenbildung etc.) sind viele Kakteen miteinnander kreuzbar, von denen man dies so zunächst nicht erwarten würde.

Zu diesem Thread animiert hat mich zweierlei:

1.) Ein Bild einer von mir nicht für möglich gehaltenen Hybride zwischen Lophophora und Echinopsis

2.) Ein Artikel über Geohintonia mexicana, in dem vermutet wird, dass es sich hierbei um eine fixierte Hybride aus Aztekium hintonii mit einem anderen Kaktus, vermutlich Echinocactus horizonthalonius handeln könnte.

Das schnelle Artbildung durch Hybridisierung bei Pflanzen möglich ist, ist nichts neues.

- Das Salz-Schlickgras (Spartina anglica) des Wattenmeeres z.B. gibt es erst seit einigen Jahren.
Es entstammt einer Kreuzung zwischen einer kleinen einheimischen Art (Spartina maritima) mit einer eingeschleppten amerikanischen Art (Spartina alterniflora). Die simple Hybride zwischen beiden Arten heißt Spartina x townsendii, und ist unfruchtbar. Kommt es aber bei der Meiose zufällig zur Chromosomenverdopplung, so entsteht nicht einfach eine Hybride, sondern die daraus resultierende Pflanze ist fertil. Es handelte sich in diesem Fall um die Art Spartina anglica.

Die Chromosomenverdoppelung kann auch künstlich durch Colchizin (Das Gift der Herbstzeitlose) induziert werden.
Zahlreiche Nahrungspflanzen des Menschen wurden so erzielt.

- Andererseits kann die andauernde Hybridisierung zweier Arten auch dazu führen, dass die seltene der beiden Arten komplett im Genpool der anderen aufgeht, und somit ausstirbt. Dieses Phänomen ist z.B. bei den endemischen Strauchmargeriten der Kanaren zu beobachten. Die zahlenmäßig sehr häufig, von Menschen als Zierpflanzen gehaltenen, Strauchmargeriten kreuzen sich dabei mit den seltenen endemischen Strauchmargeriten, und verdrängen diese damit nach und nach völlig, wenn nicht versucht wird die Fortpflanzungsbarrieren aufrecht zu erhalten.

Festzuhalten ist also:

Durch Hybridisierung können neue Arten entstehen, aber auch biologische Vielfalt verloren gehen.

- Es ist daher wichtig genau definierte Herkünfte (Feldnummern) rein zu erhalten.
- Es bietet sich aber auch die Gelegenheit zu experimentieren.

Nun gibt es viele weitere Faktoren, die eine gelungene Hybridisierung verhindern können.
Bei einigen Arten führt z.B. artfremder Pollen sehr wohl zur Entwicklung von fruchtbaren Samen, allerdings wurde durch den Pollen nur die Samenentwicklung angeregt. Wie bei einer Selbstbefruchtung bilden sich also artreine Pflanzen.

Aber trotz aller zu erwartenden Misserfolge können hin und wieder einige durchaus interessante Hybriden entstehen.

Welche Erfahrungen habt ihr mit Hybriden gemacht?
Welche Gattungshybriden kennt ihr?
Habt ihr eventuell selbst schonmal den Pinsel geschwungen bei Kakteen die einfach nur zum gleichen Zeitpunkt geblüht, aber nicht näher miteinnander verwandt waren?

Auch das Nachvollziehen von Verwandschaftsverhältnissen würde mich sehr interessieren:

Lassen sich z.B. Aztekium hintonii und Echinocactus horizonthalonius tatsächlich miteinnander kreuzen?
Lässt sich Astrophytum caput-medusae mit anderen Astrophyten kreuzen (Kreuzung zweier Untergattungen)?

Es wird vermutlich extrem selten vorkommen. Aber wie in der Zoologie, wo manche Tierkreuzung lange Zeit für völlig unmöglich gehalten wurden und später trotzdem einmal stattfanden, kann es bei einer großen Anzahl von Versuchen schließlich doch einen Volltreffer geben.


Ich bin auf eure Erfahrungen und eventuell auch Bilder gespannt.

In diesem Sinne...

Gruß,
Charles Dawkins
Zuletzt geändert von Charles Dawkins am 12. August 2011, 23:39, insgesamt 1-mal geändert.
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davissi
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von davissi »

Hallo zusammen,

@ Charles Dawkins
Astrophytum caput-medusae mit anderen Astrophyten kreuzen geht - nachdem was ich bisher dazu gelesen habe - nicht/oder nur sehr geringfügig. Der Astro(z.B. myriostigma) wird anscheinend durch den Pollenstaub der ACM "reizbestäubt". Überlegungen hierzu habe ich hier geschrieben:
http://kuas-forum.de/viewtopic.php?f=6&t=1827

Übrigens: In der nächsten KuaS soll lt. "Vorschau" ein Artikel über Gattungshybriden drin sein...
Charles Dawkins
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von Charles Dawkins »

Danke CABAC für den sehr interessanten Beitrag, nein ich kannte als Neuling diese Theorie noch nicht.

Die Pflanze ähnelt der Mutterpflanze, also Turbinicarpus alonsoi tatsächlich weit stärker als dem Vater Strombocactus disciformis. Eine schöne Pflanze.

Dies ist bei dieser Kreuzungsanordnung aber zu erwarten gewesen. Schade das deine Kreuzung nicht geklappt hat, aber das heißt ja in der Tat nicht, dass es nicht in der Natur geklappt haben könnte.

Außerdem kann der rote Strombo, so er den hybridogenen Upsprungs ist, z.B. auch aus einer weiteren Rückkreuzung mit Strombocactus stammen. Interessant fände ich hierzu Untersuchungen zu Chromosomensatz der verschiedenen beteiligten Pflanzen sowie genetische Untersuchungen, ob es tatsächlich einen Einfluss von Turbinicarpus gibt.

Interessante Fakten zu Hybridarten erfährt man z.B. auch beim googeln nach den gut erforschten, aus ursprünglich europäischen Arten neu entstandenen, amerikanischen Kobblütern Tragopogon miscellus und Tragopogon mirus.
Das ähnliche Prozesse nicht auch bei den leicht hybridisierenden Cactaceae eine Rolle spielen, ist meiner Meinung nach äußerst unwahrscheinlich.
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davissi
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von davissi »

Hallo zusammen,
Das Thelocactus*Leuchtenbergia funktioniert behaupten zumindest Cullmann, Götz & Gröner in ihrem Buch Kakteen. Ich habe vielleicht das Glück das Thelocactus hexadrophorus mit einer Leuchtenbergia blühen wird, daher möchte ich Thelocactus*Leuchtenbergia ausprobieren. Wenn sie nicht gleichzeitig blühen werde ich Pollen davon einfrieren und bestäuben.

Meine Fragen dazu:
Hat jemand von euch selbst schon ausprobiert Hybriden mit Leuchtenbergia zu erzeugen? (@CABAC :mrgreen: )
Was ist bei der Bestäubung zu beachten?

Viele Grüße
David
Charles Dawkins
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von Charles Dawkins »

Die Kreuzung xFerobergia mit Ferocactus ist ja recht gut bekannt, und mit verschiedenen Ferocacteen gelungen.

Die Kreuzungen von Leuchtenbergia mit Thelocactus und Stenocactus (Echinofossulocactus) würden mich auch als Bild sehr interessieren.
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davissi
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von davissi »

Hallo,

Ich habe gerade eben Chamaecereus Hybride "Bananenkaktus" x Matucana madaonorum(und umgekehrt) durchgeführt. Hoffen wir mal das ähnlich Schönes wie im KuaS-Artikel über Gattungshybriden rauskommt. ;)
Charles Dawkins
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von Charles Dawkins »

Ich habe in der Sammlung eine Kreuzung zwischen Echinopsis 'Weiße Wolke' x Matucana madisoniorum stehen.

Da Chamaecereus ja auch ein Mitglied der Großgattung Echinopsis ist erscheint mir diese Hybride durchaus möglich.
Ich hoffe mal das es klappt und wir irgendwann Bilder vom Nachwuchs zu sehen bekommen. :D
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davissi
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Re: Gattungshybriden bei Kakteen

Beitrag von davissi »

Hallo,

Alsoo.....

Die Chance das die Kreuzung gelungen ist, sind hoch ;) an der Matucana ist die Frucht abgefallen, aber an der Chaemacereus-Hybride "Bananenkaktus"(die gelben aus dem Baumarkt ;) ) ist der Blütenrest trocken und der Fruchtknoten ist schön prall und dick.
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