Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Crassula, Kalanchoe, Cotyledon, Echeveria, Sedum, Sempervivum, Aeonium, ...
Plantsman
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Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

viele von uns haben sicher die eine oder andere Gattungshybride in ihren Sammlungen. Je nachdem was die zukünftigen Untersuchungen der lateinamerikanischen Sedoideae ergeben, Pachyphytum wurde als eigenständig erkannt, könnte ein Teil der Gattung Sedum und auch Graptopetalum evtl. den Namen wechseln. Genau so gut kann es sein, daß die offensichtlich paraphyletische Gattung Echeveria aufgeteilt wird........... So kann es sein, daß einige dieser Hybriden ihre Namen doch noch ändern müssen.

Genug der Taxonomie. Viele Hybriden sind interessante und blühfreudige Pflanzen. Der einzige Wermutstropfen ist, wie bei fast allen Crassulaceae, daß sie Schmier- und Wollläusen besonders gut schmecken und die letzten Jahre auch Thripse gefallen an ihnen gefunden haben. Entweder man giftet, arbeitet mit Nützlingen (Australischer Marienkäfer, Raubmilben) oder stellt die Pflanzen über den Sommer raus. Beide Schädlinge mögen nämlich keinen Regen von oben, die genannten Crassulaceae dagegen kommen mit unseren sommerlichen Regenfällen, bei gut durchlässigem Substrat, sehr gut zurecht. Die oft empfohlenen Mischungen mit Sand und Torf und ähnlichem halte ich für nicht ideal. Von Natur aus sind die Eltern Felsspaltenbewohner. Da stopft auch niemand Sand oder Torf rein. Wie Kakteen kommen sie bei mir in eine gröbere mineralische Mischung mit ca. 1/4 humosen Bestandteilen. Diese aber aus torffreier Blumenerde auf Holzbasis. Dabei entwickelt sich das feine Wurzelwerk zu einem wunderbarem dichten Filz.

X Sedeveria ´Hummelii´, Echeveria derenbergii x Sedum pachyphyllum, wäre so ein Kandidat, wenn die Gattung Sedum in Mexiko mal bearbeitet worden sein sollte. Sedum pachyphyllum könnte nämlich eine Echeveria werden. Es ist eine ältere Hybride, die 1953 vom kalifornischen Crassulaceae-Spezialisten Eric Walther noch als nothospecies beschrieben wurde: X Sedeveria x Hummelii. In einigen Quellen tauchen auch noch die Namen ´Alidaea´ und ´Yellow Humbert´ auf. Auch ist die Schreibweise ´Hummellii´ nicht korrekt, weil die geehrte Person Hummel heisst.
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Sedeveria ´Hummelii´ 2009-76; Crassulaceae (4).jpg
Sedeveria ´Hummelii´ 2009-76; Crassulaceae (3).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

Dudleya sind auch schick. Passt zwar nicht ganz in diesen Thread........ ist ja keine Gattungs-Hybride, aber ich will mal nicht so sein ;) . An denen konnte ich mich bisher aber nicht versuchen, weil meine damaligen Kulturräume zu deren Wachstumszeit im Winter zu dunkel waren. Vielleicht bietet sich demnächst mal die Gelegenheit, tiefer in die Materie "Dudleya" einzutauchen.

Ein Zufalls-Sämling, bei dem die Eltern nicht bekannt sind, ist X Pachyveria ´Yvonne´. Sie ähnelt der alten X Pachyveria ´Glauca´, ist aber kleiner und zarter.
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Pachyveria ´Yvonne´ 2009-78-4147-1 (1).jpg
Pachyveria ´Yvonne´ 2009-78-4147-1 (2).jpg
Pachyveria ´Yvonne´ 2009-78-4147-1 (3).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

eine weitere Gattungshybride ist X Graptoveria. Die Vielfalt ist überwältigend, weil es diverse Kombinationen der verschiedenen Graptopetalum mit den Arten der Gattung Echeveria gibt. Von Winzlingen bis echten Riesen ist alles vertreten.

Eine Sorte, die man in jeder Sukkulenten-Mischpalette in Gartencentern finden kann ist X Graptoveria ´Debbi´. Es ist ein Zufallssämling von Graptopetalum amethystinum. Die Blüten- und Blattform lässt Echeveria shaviana oder eine ähnliche Art als zweiten Elternteil vermuten. Sehr schön ist die deutlich violett getönte Blattrosette, die Blüten sind dagegen nicht so aufregend, was aber eher an der eingekreuzten Echeverie liegt denn Graptopetalum amethystinum hat sehr schön kontrastreich gefärbte, sternförmige Blüten.
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Graptoveria ´Debbi´ 2009-224; Crassulaceae (3).jpg
Graptoveria ´Debbi´ 2009-224; Crassulaceae (4).jpg
Graptoveria ´Debbi´ 2009-224; Crassulaceae (1).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

X Sedeveria ´Merlin´ ist eine interessante Hybride. Elternteile sind Sedum allantoides agg. (S. alexanderi, S. allantoides, S. all. ´Goldii) x Graptopetalum paraguayense. Besonders die Morphologie des Blütenstandes und die Öffnung der Blüten sind bemerkenswert. Wie bei dem genannten Sedum ist der Blütenstand nämlich eine pyramidale Rispe und die Blüten öffnen sich von oben nach unten! Graptopetalum paraguayense ist zwar sonst recht dominant, aber hier hat sich das Sedum durchgesetzt. Übrigens ist das auch ein Argument, weshalb die Abtrennung dieses Sedum von der Gattung diskutiert wird.
Die Pflanze habe ich verloren nachdem, wahrscheinlich, Schmierläuse als Virenüberträger fungiert hatten. Die Pflanze entwickelte eine wolkenartige Zeichnung auf den Blättern und baute immer mehr ab. Die Fotos sind also historisch ;).
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Graptosedum ´Merlin´; Crassulaceae (2).jpg
Graptosedum ´Merlin´; Crassulaceae (3).jpg
Graptosedum ´Merlin´; Crassulaceae (4).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

wenn Kreuzungen durchgeführt werden, absichtlich oder unabsichtlich, dann sind die Nachkommen natürlich auch nicht alle einheitlich. Bei X Graptoveria ´Pik Ruz´ sind die Elternteile, vermutlich, Echeveria amoena x Graptopetalum paraguayense. Aus dieser alten Kreuzung, die damals X Graptoveria ´Acaulis´ genannt wurde, sind aber unterschiedliche Klone entstanden, die sich auch unterscheiden. Die Eltern sind ja auch nicht unbedingt immer genetisch gleich. Von Echeveria amoena kultiviere ich z.B. 4 Herkünfte, die sich morphologisch ebenfalls leicht unterscheiden.
Vor allem wenn man diese Klone nebeneinander kultivieren kann, erkennt man Differenzen. In diesem Fall hat ´Pik Ruz´ kleinere, intensiver gefärbte Blüten und auch der Habitus ist gedrungener als bei der ursprünglichen ´Acaulis´. Man könnte aber, wie es bei anderen Zierpflanzen auch der Fall ist, von einer X Graptoveria ´Acaulis´-Gruppe sprechen, die sich aus mehreren Klonen zusammensetzt. Bei den Orchideen heissen solche Gruppen z.B. Grex. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, die Sorte ´Pik Ruz´ nicht in die Synonymie von ´Acaulis´ zu stellen.

Ihr seht, auch bei Hybriden gibt es nomenklatorische Spieleren ;).

Fast alle Kreuzungen, die Echeveria amoena als Elternteil haben, sind ausserordentlich hübsch und blühfreudig. Leider haben sie aber auch die Rieselfähigkeit der Hochblätter am Blütenschaft geerbt, so daß man aufpassen muss, die Pflanze nicht plötzlich überall in den Töpfen zu haben.
Die fotografierte große Schale musste ich vor meinem Umzug auf 3 Rosetten reduzieren und habe den Rest dem Kompost anvertraut. So was tut natürlich weh, auch bei anderen Schaupflanzen, die ich hatte. Wenn man aber nur einen VW-Lupo besitzt, muss man sehen, wie man so viele Pflanzen wie möglich auf einmal von Lüneburg nach Magdeburg bekommt. Die leichte Vermehrbarkeit dieser Pflanzen lindert den Schmerz aber ein wenig, weil man weiß, daß die Stecklinge ohne Probleme wieder anwachsen werden.
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Graptoveria ´Pik Ruz´ 2009-182; Crassulaceae (2).jpg
Graptoveria ´Pik Ruz´ 2009-182; Crassulaceae (3).jpg
Graptoveria ´Pik Ruz´ 2009-182; Crassulaceae (1).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

bei X Graptoveria ´Titubans´, einer alten Hybride, hatte Echeveria derenbergii ein Techtelmechtel mit Graptopetalum paraguayense. Man kann, nach ein wenig Übung, den Einfluss dieser Echeverie in vielen Hybriden erkennen. Die Blütenform ist sehr charakteristisch, genau erklären kann ich es aber nicht.
Wie schon bei X Graptoveria ´Acaulis´ variiert auch ´Titubans´ ein wenig und stellt auch eher eine Sortengruppe dar. Die Punkte in der Blüte können stark oder schwach ausgeprägt sein, die Wuchsform spielt zwischen kompakt und ein wenig strauchig und die Blattfärbung kann eine grünliche oder bläulich Grundfärbung haben.

P.S.: habe gerade gesehen, daß ich das X Graptosedum ´Merlin´ im Text als X Sedeveria bezeichnet hatte. Das ist natürlich ein Verschreiber.
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Graptoveria ´Titubans´; Crassulaceae (4).jpg
Graptoveria ´Titubans´; Crassulaceae (3).jpg
Graptoveria ´Titubans´; Crassulaceae (1).jpg
Stark gepunkteter Typ
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

die mexikanischen Crassulaceae sind so sehr miteinander verwandt, daß es sogar möglich ist, Hybriden mit 3 verschiedenen Elternteilen zu erzielen. In der Natur scheint die Evolution nicht linear sondern netzartig zu verlaufen. Deshalb ist es bisher auch nicht gelungen, einen vernünftigen phylogenetischen Stammbaum dieser Pflanzen zu erstellen.
Eine dieser Triplehybriden wurde "unter dem Tisch" eines Sedum-Sammlers in England, Ray Stephenson, gefunden. Sobald Bienen, Wespen oder Ameisen im Spiel sind, kreuzen sich die Pflänzchen wie sie lustig sind. Gestatten: X Cremnosedum ´First Foundling´. Trotz des Namen aber nicht das erste X Cremnosedum.
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Cremnosedum ´First Foundling´ 2010-163; Crassulaceae (2).jpg
Cremnosedum ´First Foundling´ 2010-163; Crassulaceae (1).jpg
Cremnosedum ´First Foundling´ 2010-163; Crassulaceae (3).jpg
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Stefan
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

ob X Graptoveria ´Albert Baynes´ tatsächlich einen eigenen Sortennamen verdient ist, aus meiner Sicht, etwas zweifelhaft. Bei vielen lateinamerikanischen Crassulaceae sind gefleckte Blätter ein Zeichen von Pilz- oder Viruserkrankungen. Die genannte Sorte unterscheidet sich aber gerade durch diese Flecken von der nächstähnlichen. Da ihre Verteilung auf der Blattfläche ungleichmäßig ist, lässt sich jedenfalls eine Krankheit vermuten. Auf die Blühfreudigkeit scheint es aber keinen Einfluss zu haben.
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Graptoveria ´Albert Baynes´ 2009-206; Crassulaceae (2).jpg
Graptoveria ´Albert Baynes´ 2009-206; Crassulaceae (3).jpg
Graptoveria ´Albert Baynes´ 2009-206; Crassulaceae (4).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

ein Klassiker in den namenlosen Sukkulenten-Mixpaletten des Gartencenters ist X Graptoveria ´Fantôme´. Anfangs hält man sie oft für eine Echeveria. Wenn sie dann aber Blüten macht, merkt man schnell, das dem nicht so ist. Diese sind, im Vergleich zur recht attraktiven Blattrosette, dann auch noch recht enttäuschend. Nur ca. 30% eines Blütenstandes öffnen sich vollständig. Ansonsten bleiben die Blütenblätter an den Spitzen "verklebt". Aber auch die offenen Blüten sind keine Farbwunder.
So bleibt einem nur der Blattschmuck, der ganz gut die Elternart Echeveria elegans erkennen lässt.
Vielleicht konnte ich nun dem einen oder anderen ein Aha-Erlebnis geben und er endlich eine namenlose Pflanze benennen, die bisher nur so in der Sammlung zur Auflockerung rumstand.
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Graptoveria ´Fantôme´ 2009-304; Crassulaceae (1).jpg
Graptoveria ´Fantôme´ 2009-304; Crassulaceae (4).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

das was ich über die Echeveria amoena-Hybriden bei X Graptoveria ´Pik-Ruz´ geschrieben habe, gilt noch mehr für X Graptoveria ´Phaeton´. Eine sehr hübsche, zierliche, reichblütige Hybride mit wunderbar gemusterten und farbintensiven Glöckchen als Blüten. Die Pflanze bleibt kompakt und hat ein attraktiv bereiftes Laub, sicher nicht wie Echeveria laui, aber doch ganz hübsch.
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Graptoveria ´Phaeton´ 2009-188-3789-1; Crassulaceae (4).jpg
Graptoveria ´Phaeton´ 2009-188-3789-1; Crassulaceae (1).jpg
Graptoveria ´Phaeton´ 2009-188-3789-1; Crassulaceae (2).jpg
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Adromischus »

Hallo Plantsman, das sind wirklich sehr schön arrangierte Bilder, die Du machst, vielen Dank fürs Zeigen.

Viele Grüße
Plantsman
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Re: Gattungshybriden der lateinamerikanischen Crassulaceae

Beitrag von Plantsman »

Moin,

die attraktive Rosette von Graptopetalum suaveolens (Syn. Sedum suaveolens; DNA-Studien haben belegt, daß es mit Graptopetalum bellum nahe verwandt ist) hat einige Züchter dazu verleitet, die Art als Kreuzungspartner auszuwählen. Das Problem, es ist die Samen-Pflanze mit dem höchsten Chromosmensatz: 320. Damit ist es in allen Kreuzungen sehr dominant. Auch Graptopetalum (Tacitus) bellum vererbt ähnlich.
Eine derartige Hybride ist X Graptoveria ´Blue Lotus´. Sie unterscheidet sich von der Wildform fast nur durch die Morphologie der vegetativen Vermehrung. Die Art macht Tochterrosetten an langen, blütenschaftähnlichen Ausläufern, bei der Hybride sind diese Sprosse deutlich kürzer und dicker. Diese entstehen auch eher basal anstatt innerhalb der Rosette. Im direkten Vergleich ist die Hybride auch etwas blauer und die Blätter anders geformt. Aber ohne Vergleich........
Solche Kreuzungen machen es natürlich nicht einfacher, die Pflanzen in unseren Kulturen zu unterscheiden und so stehen oftmals wildformähnliche Hybriden in unseren Kulturen. Das ist wahrscheinlich ein Grund, warum die zentralamerikanischen Crassulaceae in den Sammlungen eher in überschaubarer Zahl vorhanden sind.
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Graptoveria ´Blue Lotus´; Crassulaceae (3).jpg
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Stefan
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